Nun , da das Gepäck verstaut und die Unterkunft geklärt ist, haben wir freie Hand, um noch eine Kurztour in Richtung Wüste zu starten. In einem Abschnitt mit Tiefsand liegt dann die Afrika Twin auf der Seite und wir haben alle Hände voll zu tun das schwere Gerät wieder aufzuheben. Allein wäre man dabei ziemlich überfordert. Wir sind jedoch sogar zu dritt, denn ein Einheimischer kommt uns zu Hilfe. Er ist Kamelführer und hat seine Unterkunft gleich einige hundert Meter weiter. Natürlich würde er uns auch gern eine Kameltour anbieten. Wir haben jedoch vor am nächsten Tag die lange Pistenetappe bis Foum-Zguid mit den Motorrädern zu bewältigen, so dass wir dankend ablehnen. Auf einen Tee kommen wir aber noch gern mit in die Hütte.
Abends am Zelt haben wir ausgiebige Gelegenheit den viel gepriesenen Sternenhimmel über der Sahara zu bewundern. Hier , wo es kaum Luftfeuchtigkeit gibt , ist dieser natürlich klarer und scheinbar näher, als bei uns zu Hause.
Die Offroadetappe am nächsten Tag erfordert unsere ganze Kraft. Vorher noch mal tanken und Wasser kaufen, dann geht es auf den ca. 160 km langen Abschnitt zwischen Mhamid und Foum-Zguid. Anfangs ist es nur ein sehr fester Weg, der fast mit Vollgas gefahren werden kann. Dann jedoch folgt die erste Durchquerung eines trockenen Flussbettes voll mit Tiefsand. Für so etwas ist unsere Mischbereifung natürlich nicht mehr ausgelegt. Ich möchte vormachen, wie man beherzt mit der Hand am Gasgriff hindurch fährt und versinke jämmerlich bis zur Radnabe. Da hilft nur noch abspringen und mit schleifender Kupplung schieben. Thomas ist inzwischen auch zur Stelle und schiebt hinten. Nach etwa 100 Metern sind wir auf festem Boden und extrem geschafft. Ich ringe nach Luft, wie ein junger Hund. Diese kurze Höchstleistung in der trockenen, heißen Luft hat mich mehr mitgenommen, als eine halbe Stunde Ausdauerlauf zu Hause.
In der Nähe laufen einige Kamele vorbei. Menschen sehen wir jedoch keine. Einige Kilometer weiter liegt ein Kamel direkt auf der Strecke. Vorbeifahren geht nicht, so warten wir, bis es behäbig aufgestanden ist.
Gegen Mittag erreichen wir eine Oase. Es gibt viele Palmen, einen Brunnen und einen ummauerten Rastplatz. Man lebt hier offenbar gut von den Touristen, die in Geländewagen, oder wie wir mit dem Motorrad, vorbeikommen. Die Preise für Essen und Trinken sind allerdings auch gesalzen. Einerseits verständlich in dieser Einöde, andererseits müssen wir auch nicht unbedingt jetzt und hier eine Tajine essen. So bleibt es wieder mal bei einem Tee im Schatten der Kamelhaarzelte.
Der Rest der Strecke ist , vorsichtig gesagt , sehr abwechslungsreich. Tiefsandpassagen wechseln sich mit Schotterstrecken ab , bei denen faustgroße Steine bis zum Horizont reichen. Dann wieder eine Ebene, die an einen ausgetrockneten Salzsee erinnert. Heute liege auch ich einmal mit der Transalp im Sand, als ich etwas von der Strecke abweiche , um mir einen Brunnen aus der Nähe anzusehen. Einmal erwischt es auch Thomas noch, dann ist es für diesen Urlaub genug mit dem ,,Sammeln von Bodenproben“.
Bei einer Pause unterwegs läuft Wasser an einem Motokoffer herunter. Im ersten Moment denken wir natürlich sofort an eine geplatzte Flasche, bis sich herausstellt, dass es aus dem Ärmel der über dem Koffer hängenden Jacke tropft. Ist eben doch etwas warm hier.
Am späten Nachmittag erreichen wir wieder die feste Straße. Auch wenn so ein Tag wie dieser eine bleibende Erinnerung darstellt, sind wir im Moment doch ganz froh darüber, wieder Asphalt unter den Rädern zu haben. In Foum-Zguid finden wir nur ein einziges Hotel. Während ich bei den Motorrädern warte , sieht sich Thomas die Zimmer an. Er erklärt mir dann, dass ich mir eine Gefängnisszelle vorstellen sollte, um einen Eindruck von unserem heutigen Zimmer zu bekommen. Eine Wahl haben wir ja sowieso nicht und nach der Tour sind wir froh überhaupt eine Unterkunft zu haben. Dusche und Toilette auf dem Flur sind in Ordnung, der Preis von 35,- Dirham pro Person auch. Auch die Motorräder kommen auf Empfehlung des Personals in den Flur.
Von nun an verlassen wir die befestigten Straßen nur noch gelegentlich für einen kurzen Abstecher. Trotzdem möchte ich behaupten, dass sich der ganze Reiz des Landes erst demjenigen erschließt, der auch in der Lage ist die unbefestigten Wege zu fahren.
Auf der südlichsten marokkanischen Straße bewegen wir uns in Richtung Atlantik. Bei Tissint gibt es eine Polizeikontrolle. Während die Daten aus unseren Pässen übertragen werden , empfiehlt uns der Beamte die Wasserkaskaden zu besichtigen, die nur wenige hundert Meter entfernt sind. In dieser trockenen Gegend gibt es hier ein kleines , abgegrenztes Paradies der Frösche. Ein anderes Flussbett, eher ein Canyon , wenige Kilometer weiter ist dagegen völlig trocken.
In Tagmoute, einer schönen, größeren Oase finden wir ein neues Hotel am Rande des Ortes. Es gibt sogar Bier, was hier in Marokko eher selten der Fall ist, zumindest, wenn man die Touristenhochburgen meidet. Noch einen Tag später erreichen wir das Meer bei Sidi Ifni. Diese Stadt wurde von den Spaniern 1934 sozusagen aus dem Boden gestampft und galt als Vorzeigeobjekt der Region, bis sie 1969 an Marokko fiel.
Nach unserer kleinen Mittagspause am Strand geht es weiter in Richtung Norden. Etwa 10 km und wir finden einen kleinen Weg, der durch die Klippen hinunter zum Meer führt. Entgegen allen Erwartungen kommt uns dort eine Honda Goldwing mit Anhänger entgegen. Ebenfalls ein Deutscher , der allein durch Marokko tourt und uns erzählt, dass wir hier durch Zufall eine sehr imposante Gegend erreicht haben. Er meint, wir könnten mit unseren Motorrädern den Strand entlang nach Süden fahren, dort gäbe es riesige Felsentore in den Klippen. Für die Goldwing war es nicht das richtige Gelände , so dass er laufen musste. Unsere Koffer können wir in dem kleinen Restaurant am Ende des Weges stehen lassen und machen uns, vom Gepäck erleichtert, auf den Weg , den Strand entlang. Schon diese Fahrt ist ein Erlebnis, wird aber noch von den Felsentoren übertroffen , die hier vom Meer in eine Art Sandstein gespült wurden. Mehrere etwa 10 bis 20 Meter hohe Bögen sind hier am Strand entlang aufgereiht. Ich habe lediglich etwas Angst, dass sich gerade dann einer der vielen tausend Steine löst, wenn wir darunter stehen. Einige große Brocken schauen beängstigend weit aus dem Sandstein heraus und überall unter den Toren liegen die heruntergefallenen Steine herum.
berühre das Bild mit der MausNun noch ein Bad im Meer und dann zum Abendbrot zurück zum Restaurant . Eigentlich ist es etwas übertrieben den kleinen Schuppen als Restaurant zu bezeichnen. Aber Mustafa und Brahim geben sich alle Mühe uns wenigstens ein gutes Omelett zu bereiten, wenn schon keine Fische gefangen wurden. Bei Kerzenlicht sitzen wir dann noch gemütlich zusammen, da sie hier unten am Meer nur Solarstrom haben. Der treibt das Kassettentonband mit Bob Marley an.
Wir verbringen die Nacht in unseren Schlafsäcken direkt am Strand. Die kleinen Fliegen stören mich manchmal und im Sand krabbeln auch einige Asseln herum. Auch ist am Morgen alles etwas feucht. Nicht von der Flut, die etwa einen Meter vor meinem Schlafsack zum stehen kam, als vielmehr von der ständigen Gischt, die vom Meer her sprüht. Die aufgehende Sonne trocknet aber alles in wenigen Minuten. Wir frühstücken noch einmal direkt am Felsentor, ehe es über Tiznit nach Tafraoute weitergeht.
Als wir den Strand verlassen, haben wir noch eine interessante Begegnung. Ein alter Mercedes LKW mit Allradantrieb fuhr hier gestern schon den steilen Weg hinunter und am Strand entlang. Dann grub er sich ein und der Fahrer sowie einige Helfer hatten alle Hände voll zu tun. Heute steht er wieder oben auf der Klippe und wir lernen den Fahrer kennen. Durchweg ein Abenteurer ,dessen Alter sich überhaupt nicht schätzen lässt, mit Rastazöpfen bis zum Hintern. Er erzählt uns, dass er innerhalb der nächsten zwei Jahre bis Südafrika fahren will. Auf die Frage wie er dann zurück nach Deutschland kommt, bekommen wir keine eindeutige Antwort. ,,Mal sehen, vielleicht setze ich mit dem Schiff nach Südamerika über und fahre dann wieder nach Norden."
Er lebt vom Verkauf selbst gefertigter Mosaike und vom Schreiben diverser Artikel in einer deutschen Regionalzeitung über seine Reise.
Die unsere führt uns in eine der schönsten Gegenden Marokkos, nach Tafraoute im Antiatlas. Riesige Felsbrocken aus rötlichem Gestein bestimmen das Bild. So ist auch heute wieder eine Tour ohne Gepäck durch das Gelände angesagt, nachdem wir bereits am Nachmittag unser Hotelzimmer bezogen haben. Ich komme mir vor, wie in der Marlborowerbung, so grandios wirken die Felsen auf uns. Mit etwas Vorstellungsvermögen kann man dabei die verschiedensten Gestalten oder Gesichter hinein interpretieren. So gab es bis vor einiger Zeit noch einen Felsen, der wie ein gigantischer Totenkopf aussah. Angeblich wurde er zu Baumaterial verarbeitet, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Einheimischen diesen Anblick nicht ständig ertragen wollten. Wir sehen auf der Fahrt auch noch Streifenhörnchen und Geckos. Im Moment ist auch die Temperatur recht angenehm. Heute Mittag zeigte ein Thermometer in Tiznit 39 Grad an. Das am 06.April, wo in Deutschland gerade mal 9 Grad erreicht wurden.
Am Abend können wir endlich das Nationalgericht Couscous essen. Eine Art Grieß mit herzhafter Soße. Es schmeckt gut, macht satt und kostet 15,- Dirham.
Die schöne Gegend setzt sich auch bei der Weiterfahrt am nächsten Tag fort, wenn auch um Tafraoute herum der Höhepunkt war. Eine Serpentinenstraße zwischen den Felsen entlang ist für Motorräder ideal. Bei einem Stop kommen wir sogar einmal mit zwei hiesigen Frauen in ein kurzes Gespräch. Sie sammeln hier Holz und sind komplett in schwarze Gewänder, die hier übliche Kleidung, gehüllt. Eine interessante Begegnung, denn normalerweise sind die moslemischen Frauen ja extrem zurückhaltend gegenüber Fremden.
Dann folgt der Gegensatz zur bisherigen Tour. Wir kommen nach Agadir. Thomas war hier bereits einmal bei der Familie eines Kommilitonen zu Gast, hat aber sein Motorradschloss beim letzten mal vergessen. So kommt es heute zum Wiedersehen und wir sind selbstverständlich herzlich eingeladen. Die Frau des Hauses stellt sich gleich in die Küche um für uns ein Mittagessen zu bereiten. Ich muss mir vorstellen, wie diese Leute wohl in Deutschland behandelt würden, sollten Sie es einmal besuchen können. Die Träger rechtsnationalen Gedankengutes bei uns zu Hause waren wohl selbst noch niemals im Ausland, geschweige denn, dass sie erfahren konnten, was Gastfreundschaft heißt.
Agadir selbst ist eine moderne Stadt, die wohl eher an Südspanien erinnert , als an Marokko. Es wird immer noch sehr viel gebaut, vorzugsweise Hotelkomplexe. Der Pauschaltourist, der in Agadir war und nun denkt, er hätte Marokko gesehen, weiß nicht , was ihm entgangen ist.
Deshalb versuchen wir auch schnell weiter zu kommen. Über Taroudannt führt uns der Weg zurück in Richtung Marrakech. Vorher gilt es aber noch einmal den Atlas zu überqueren. Dieses mal über den Tizi-n-Test, eine Passstraße , die einen weiteren Höhepunkt auf unserer Tour darstellt, und das nicht nur wegen der 2100 Meter über dem Meeresspiegel. Die Straße ist sehr schmal und in die Kurven fahren wir deshalb recht vorsichtig hinein. Man weiß ja nie, was einem gerade entgegenkommt. Links neben der Straße geht es jedenfalls mehrere hundert Meter hinunter. Zum Glück ist das Wetter ideal und wir haben auf beiden Seiten des Gebirges grandiose Ausblicke.
Nach dem Mittagessen in Asni trennen wir uns für einen Tag. Thomas hat noch einige Dinge in Marrakech zu klären, ehe er es nach über zwei Monaten verlässt. Ich möchte die Zeit nutzen , um von Imlil aus eine Bergwanderung zu machen. Der höchste Berg des Atlas , der Jebel Toubkal mit seinen 4167 Metern, ist ja sozusagen gleich um die Ecke. Von Imlil werden auch täglich geführte Touren mit Maultieren in das Gebirge veranstaltet. Beim Frühstück auf der Terrasse kann ich den Aufbruch so einer Karawane beobachten. Natürlich erreiche ich bei meiner Wanderung, in den wenigen Stunden, den Gipfel nicht, aber auch so ist es sehr schön. Eben typisch Hochgebirge. Nur viel weniger Schnee und Wasser als in Europa.
Am Abend, wieder in Marrakech, gönne ich mir noch ein Erlebnis der anderen Art. Ich gehe ins riesige Einkaufscenter ,,Marjane" am Rande der Stadt. So angenehm es für uns Europäer auch ist, in so einem Supermarkt alle Dinge des täglichen Bedarfs, inklusive Bier, einkaufen zu können , so fremdartig wirkt diese Einrichtung in dem Marokko, das wir kennen gelernt haben. Wie der Stützpunkt einer fremden Besatzungsmacht.
Am Abend scheint der Vollmond groß und gelb durch die Palmen von Marrakech. Der Muezzin ruft zum Gebet. Für uns ist es der letzte Abend, morgen um diese Zeit werden wir auf unserer Rückreise schon in Spanien sein.
Dieses abendliche Foto ist ausnahmsweise nicht von mir, trifft die Stimmung aber zu 100 % .
zu den Seiten von marokko.com (mit deutschsprachigen Diskussionsforen)