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Vater und Sohn in Schweden

Karte mit gefahrener Route (ca. 800 kb)

Heute ist Sonnabend , der 30.05.1998. Nach der Vorbereitung der letzten Tage und Wochen ist es eigentlich kein Wunder, daß das Aufstehen um 04:30 Uhr überhaupt kein Problem darstellt. Dabei denke ich hier weniger an mich, als an Chris, der vor zwei Monaten gerade mal acht Jahre alt geworden ist und nun das erste mal auf eine große Motorradtour mitgenommen wird. Ende Mai ist ja noch nicht unbedingt das ideale Wetter für eine Motorradtour nach Schweden, aber da es in den anderen Gebieten , die wir innerhalb einer Woche von Frankfurt(Oder) aus erreichen können, auch nicht anders aussieht, haben wir uns entschlossen doch die nördliche Richtung einzuschlagen.

Es gilt nun die Fähre in Saßnitz bis 13:00 Uhr zu erreichen. Anfangs sieht auch alles noch ganz gut aus, bis auf etwas Sprühregen schon 30 km nach unserer Abfahrt. Hinter Löwenberg , nördlich Berlins , ist es dann , als wenn wir die Wolke verlassen , durch die wir bis dahin mitten hindurch gefahren sind. Wir haben blauen Himmel über und trockene Straßen unter uns. Mir fällt ein Stein vom Herzen und die Maschine fährt plötzlich wie von selbst.

Dafür bekommen wir ein anderes Problem. Ab Greifswald stehen wir im Stau. Ich bin ständig in der Versuchung daran vorbeizufahren, da uns ja auch der Abfahrttermin der Fähre im Nacken sitzt. In diesem Moment ist es nicht gerade einfach , das Risiko und die Zeitersparnis gegeneinander abzuwägen. Stralsund und auch Rügen sind dann sozusagen komplett zu.

Eine einzige , meist stehende, Blechkarawane. Deshalb kommen für uns nur noch die Nebenstraßen in Frage, wenn wir unsere Fähre noch erreichen wollen. Zum Glück sind wir dann auch wirklich rechtzeitig auf der ,, Trelleborg«. Dort treffen wir auch die beiden Motorradfahrer wieder , die wir schon von unterwegs kennen. Für mich liegt meine letzte Überfahrt nach Schweden schon sieben Jahre zurück , für Chris ist es das erste mal auf so einem großen Schiff . Zu dieser Jahreszeit ist das Meerwasser allerdings noch sehr kalt, was sich auch sofort an der Lufttemperatur nach unserer Abfahrt bemerkbar macht.
So halten wir uns nur ab und an auf Deck auf, was aber auf Grund des starken Windes noch ein ganz besonderes Erlebnis darstellt.

<Dann an Land stellen wir fest, daß zwei von uns zum ersten mal in Skandinavien sind : Chris und die Honda Transalp. Etwa 20 Km östlich von Trelleborg gibt es einen Zeltplatz , den ich noch von einer früheren Tour her kenne. Das kleine Zelt ist schnell aufgebaut und dann geht es auf den Minigolfplatz. Eine sehr gepflegte Anlage . Es macht schon Spaß hier zu spielen, wenn es nur nicht so kalt werden würde gegen Abend. In der Nacht kriecht dann die Kälte ganz und gar in meinen Schlafsack. Eigentlich ist es ja gar nicht meiner , denn den habe ich an Chris abgegeben, da er eine Daunenfüllung hat. Offensichtlich findet Chris das auch ganz in Ordnung, denn er schläft den Schlaf des gerechten und beklagt sich früh , es währe ganz schön warm gewesen letzte Nacht.Die Sonne am Morgen ist recht angenehm. Wir unterhalten uns noch kurz beim Frühstück mit einigen Fahrradfahrern aus Nürnberg , die noch bis Göteborg weiterfahren wollen. Nachdem wir (ich !) alles wieder zusammengepackt haben geht es weiter über Ystad und Kristianstad in Richtung Karlskrona. Wir genießen jetzt schon die Strecke und halten einige male an, um uns zum Beispiel einen Tunnel durch die Felsen genauer anzusehen oder auch mal um einfach nur so am See zu sitzen. Einzelne Pusteblumen sind genau so groß , wie Chris.

Bei Ronneby erinnert die flache , hügelige Landschaft schon fast an ein Gebirge, so viele Felsbrocken wie es hier zu beiden Seiten der Straße gibt. Dieser Eindruck soll mich noch einige Tage verfolgen. Als jemand , der diese Felsformationen nur aus Gebirgen kennt, erwarte ich hinter jeder Kurve eine grandiose Sicht ins Tal, was aber hier in Schweden illusorisch ist, da hier die Felsen auch im Flachland vorhanden sind.

So auch an unserem Zeltplatz in Karlskrona. Direkt an der Ostsee gelegen reichen riesige Granitblöcke bis ins Meer. Zumal noch die Abendsonne direkt darauf scheint , ist es jetzt angenehm warm und wir nehmen sogar ein Bad im salzigen Wasser. Durch die vorgelagerten Inseln sieht man allerdings vom Meer selbst gar nichts.Am Abend sitzen wir noch sehr gemütlich im Frühstücksraum des Campingplatzes. Draußen ist es zu dieser Jahreszeit doch noch recht kalt. Es ist bei mir , seit meiner Tour nach Marokko, schon fast so etwas wie Tradition geworden abends beim Bier oder Wein die Notizen des Tages auf irgend welche Zettel zu schreiben. Vielleicht sind sogar diese kurzen , handschriftlichen Notizen eines Tages für mich interessanter als solch ein später verfaßter Bericht.

Am nächsten Morgen geht es dann auf den Spuren von Nils Holgersson hinein nach Karlskrona. Diese Geschichte , die wir vor einigen Tagen noch als Video gesehen haben, spielt am Denkmal des Königs Karl XI. Tatsächlich finden wir es auch sofort. Ansonsten ist aber um diese Uhrzeit noch nicht viel los, auf dem zentralen Platz, so daß wir hinuntergehen zum Hafen. Hier liegen einige kleine Kriegsschiffe und sogar ein U-Boot. Als echte Landratten haben wir natürlich so etwas bisher nur im Fernsehen gesehen.


Bevor wir nun zu einer Tagestour in die Umgebung von Karlskrona aufbrechen , gönnen wir uns noch einen Kaffee bzw. Tee in einer kleinen Konditorei. Hier unterhalten wir uns eine ganze Weile mit einem Rollerfahrer aus Hanau. Manchmal erfährt man so ganz nebenbei viele sinnvolle Dinge , so zum Beispiel , daß man hier , in Skandinavien , einmal Kaffee und Kuchen bezahlt und sich dann , zumindest theoretisch, so oft Kaffee nachschenken kann, wie man will. Ebenso, daß das günstige »Daegensrat« , das Tagesgericht einer Gaststätte , auch ein Getränk inklusive enthält. Eine Tatsache, auf die man nicht unbedingt immer hingewiesen wird.

Einige Kilometer nördlich verlassen wir die befestigten Straßen, und fahren für die nächsten Stunden auf unbefestigten Waldwegen. Die Gegend ist wunderbar. Kleine Seen , viel Nadelwald , riesige Felsbrocken und eine stattliche Anzahl von Ameisenhaufen. Wieder beschleicht mich das Gefühl , nach der nächsten Kurve müßten wir vom Berg ins Tal blicken können , aber wir sind hier natürlich mitten im Flachland, trotz allen Gebirgscharakters der Landschaft. Einige kleine Seen laden noch zur Rast ein, aber die Temperaturen halten uns heute doch von einem Bad ab.

Auf dem Rückweg müssen wir natürlich unbedingt an einem Feld voller Runensteine anhalten, die wir sofort in »Hinkelsteine« taufen. Diese Zeugen der Vergangenheit stellen einen nicht unerheblichen Reiz Südschwedens dar.

Am späten Nachmittag sind wir dann wieder in Karlskrona auf dem zentralen Platz. Das man dort ein gutes Eis bekommt, wissen wir schon von unserem Gesprächspartner am Morgen. Jetzt können wir dies auch selbst testen. Sehr zur Freude der Spatzen, die uns sofort umringen und sich sogar aus der Hand füttern lassen. Am Abend gibt es wieder die obligatorische Runde Minigolf. Diese Einrichtungen gehören hier offensichtlich zur Standardausstattung eines Campingplatzes und sind auf unserer Tour auch überall und in allen Qualitätsstufen vorzufinden.

Unser Frühstück am Dienstag können wir noch einmal im warmen Frühstücksraum des Campingplatzes nehmen. Mit Tischen , Stühlen , Elektrokochern und warmen Wasser ausgerüstet ist dieser Platz seine vier Sterne wert, die am Eingang prangen und damit auch seine 120,- Kronen pro Nacht. Zu dieser Jahreszeit, in der es Morgens und auch Abends recht kühl ist , nehmen wir diesen Komfort gern an.

Unsere Fahrt soll uns heute bis Jönköping am Vätersee führen. An der Tankstelle in Kosta macht uns ein Einheimischer dann auf den »Elchshop« mit zwei lebenden Elchen aufmerksam. Da es selbst in Schweden ein Glücksfall ist , einen lebenden Elch in freier Natur zu sehen wollen wir uns dies natürlich nicht entgehen lassen. In einem großen Gehege sehen wir dann die beiden Elche liegen. Sie sind schon recht groß, wenn man sie so direkt vor sich sieht. Ansonsten gibt es im Laden den gesamten Kitsch (manche sagen auch Souvenirs ) zum Thema Elch. Für einen kleines Stofftier davon reichen die Überredungskünste meines Sohnes jedoch aus. Ein Name ist auch schnell gefunden. Fortan heißt er Rudi und schläft mit im Schlafsack .

Unsere Fahrt führt durch das Gebiet des »Glaslandes« , so genannt , auf Grund der vielen Glasbläsereien, die es in dieser Gegend gibt. Hier kann man im Werksverkauf gleich Vasen, Schalen und ähnliches bekommen. Auf dem Motorrad, mit dem geringen Platzangebot verbietet sich ein Kauf natürlich schon von selbst. Trotzdem sehen wir in einer Fabrik den Glasbläsern eine Weile bei der Arbeit zu. Die Anlagen stehen interessierten Besuchern jederzeit offen. Eine nicht gerade einfache, recht schweißtreibende Arbeit.

Von nun an verschlechtert sich das Wetter stündlich. Etwa eine Fahrtstunde vor Jönköping fängt es dann zu allem Überfluß auch noch zu regnen an. Mit eiskalten Fingern erreichen wir einen Campingplatz neben der Stadt und mieten uns heute einen Bungalow. Ein kleines Zimmer mit zwei Betten und , welch ein Glück , einer Heizung. Der Preis von 290,- Kronen erscheint mir jedenfalls recht hoch gegriffen zu sein. Wir werden am Abend jedoch mit phantastischem Wetter entschädigt. Über dem riesigen Vätersee sieht man sie Sonne untergehen, was ja hier schon viel später passiert , als bei uns zu Hause. So sitzen wir noch eine ganze Weile auf der hohen Klippe und genießen den Anblick.



Am Mittwoch Vormittag lohnt sich das Aufstehen nicht, da es in Strömen regnet. Insofern hat sich der Zimmerpreis wenigstens rentiert. Im Zelt wären wir jetzt bestimmt klitschnaß. Bis sich dann gegen Mittag das Wetter etwas bessert, wird uns die Zeit allerdings recht lang in dem kleinen Zimmer. Dann geht es aber um so entschlossener ins Zentrum von Jönköping.

Ich bin ja so etwas von erleichtert, als sich dann auch sofort die Wolken verziehen und wir nun im Sonnenschein etwas von der Stadt sehen. Noch ein Blick in die Kirche , und es geht weiter auf unserem Tagesausflug zum südlich gelegenen »Taberg« , der mit seinen 343 m Höhe ganz aus Eisenerz besteht.




<Für das flache Südschweden ist dies schon eine richtig große Erhebung. Das ehemalige Bergwerk am Fuße des Berges öffnet allerdings erst in einigen Wochen für Besucher . Noch ist hier nämlich Vorsaison und so können wir nur durch das Gitter in den Stollen schauen , aus dem uns ein eiskalter Wind entgegenweht. Auf den Berg hinauf führt eine Straße , und oben angekommen, erwartet uns auch eine herrliche Fernsicht.

Noch ist der Tag lange nicht zu Ende und wir entschließen uns die Holzkirche von Habo , westlich des Vätersees, zu besuchen. Unsere Fahrt führt uns einige Zeit am Ufer des Sees entlang und wieder einmal mehr lobe ich mir innerlich die herrliche Aussicht. Die Kirche selbst ist vor allem durch die reichliche Bemalung in ihrem Inneren sehr eindrucksvoll , unterscheidet sich aber sehr deutlich von den norwegischen Stabkirchen.Für heute gibt es noch eine kurze Tour zum Ostufer des Sees , um dann die übliche Runde Minigolf auf dem Campingplatz zu spielen. Bis auf den Omberg , östlich des Sees , haben wir es nun nicht mehr geschafft. Dieses sehenswerte Ziel bleibt einer späteren Tour vorbehalten. Etwas östlich davon gelegen steht der bekannteste Runensteine Skandinaviens , mit einem kleinen Museum zur Geschichte des Steines bzw. der Geschichte , die auf Ihm niedergeschrieben steht. Auch dieses Ziel ist für uns nicht mehr zu erreichen und wird für eine spätere Tour vorgemerkt.

Bei uns heißt es nämlich heute am Donnerstagmorgen wieder die Fahrt zurück nach Hause anzutreten. Dabei gibt es nichts aufregendes zu berichten. Ca. 300 km bis zur Südküste legen wir auf der Hauptverbindungsstraße bis nach Ystad zurück. Beim Bummel durch die Fußgängerzone der Altstadt entdecke ich unwillkürlich eine Graffiti-Schmiererei an einer Parkbank. Dabei wird mir erst einmal bewußt, daß ich diese Auswüchse unserer Zivilisation bisher in ganz Schweden nicht zu sehen bekam. Offensichtlich geht es in einem so großen Land mit nur acht Millionen Einwohnern doch etwas ruhiger und sauberer zu , als bei uns in Deutschland.

Der Freitag ist an ein enges Timing gebunden. Auf Grund der Abfahrtszeit unser Fähre in Trelleborg sind wir gezwungen um 6:00 Uhr aufzustehen und 07:00 Uhr den Campingplatz zu verlassen. Nach dem Kauf der Tickets benutze ich natürlich eine falsche Einfahrt in den Hafen. Da diese Möglichkeit wohl nicht im Plan vorgesehen ist, ist es uns jetzt weder möglich auf das Schiff zu kommen, noch das Hafengelände wieder zu verlassen. Wir werden mehrmals hin und her geschickt. Die Zeit wird knapp und ich fahre dann doch ohne Bordkarte auf das Schiff und kläre den Rest dort.Nach einer sehr schönen Überfahrt hat uns dann auf Rügen der Stau wieder, so das wir nicht den Rügendamm , sondern die Fähre bei Glewitz benutzen. Chris schläft mir heute zweimal auf dem Motorrad ein, wohl wegen des frühen Aufstehens. Mir wird ganz anders zumute bei der Vorstellung , daß er schlafend vom Motorrad fällt. Aber die Gepäckrolle war eine gute Lehne , nur Papa hat gemeckert....


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